Im Rahmen der amtlichen Verkehrsüberwachung ist der Einsatz von zuverlässiger Messtechnik die essentielle Grundlage für ein rechtstaatliches Verfahren. Die erforderliche Bauartzulassung der PTB sowie eine qualifizierte sachverständige Kontrolle im Einzelfall sollen hier die Transparenz bei den Verfahrensbeteiligten fördern.
Aber auch die agierenden Sachverständigen sollten aus der vernünftigen Qualitätsforderung nicht ausgenommen werden. Anderenfalls würde schlussendlich zum Nachteil aller die Verkehrssicherheit beeinträchtigt werden - zumindest zeigt die Praxis, dass Verfahren unnötig verzögert werden.
Die Bezeichnungen "Gutachter" und "Sachverständiger" stellen derzeit keine geschützte Berufsbezeichnung dar. Aus diesem Grund sollte nicht nur die zunehmend vollautomatisierte Messtechnik im Fokus gehalten werden. Insbesondere sollten auch die hinzugezogenen Sachverständigen und deren Ausarbeitungen einer dezidierten Auswahl und Kontrolle unterzogen werden.
Mit der öffentlichen Bestellung und Vereidigung haben die Industrie- und Handelskammern (IHK) diesbezügliche Grundlagen geschaffen. Es fehlt jedoch in der Praxis an definierten Grundanforderungen an technische Gutachten hinsichtlich der Prüfart und Prüftiefe in den Bereichen der Verkehrsüberwachung. Dies hat am Markt ersichtlich dazu geführt, dass unter den Gutachtern eine extrem inhomogene Arbeits- und Prüfstruktur entstanden ist, die überwiegend die Justiz eher verunsichert und zu unsachlichen Dissenzen zwischen Hersteller, Justiz und Zulassungsbehörde führt, denn sachgerecht unterstützt.
Wir wollen diese Lücke schließen. Fair gegenüber den Betroffenen mit Unterstützung des Rechtsstaates und der Verkehrssicherheit, aber auch fair gegenüber den Herstellern, den Polizeibehörden und schließlich auch der Zulassungsbehörde.
Unsere Aufgaben - Ihr Vorteil:
Wir sichten die am Markt befindlichen Arbeits- und Prüfmethoden und stellen diese gegenüber. Da forensisch-technische Prüfungen grundsätzlich objektiv und frei von präjudizierender Wertung sein müssen, sind die Methodiken insbesondere auf Möglichkeiten einer subjektiven Einflussmöglichkeit zu prüfen - beeinflussbare Methoden sind für die Justiz wertlos, da deren Ergebnis zum Vorteil und Nachteil frei eingestellt werden kann.
Technisch unabhängige Prüfmethoden bedingen einen Beweismitteldatensatz, der für jedes Messgerät separat definiert werden muss, sowie einen tiefen Einblick in die Messwerterfassung und -verarbeitung jenseits der Gebrauchsanweisungen und Zulassungsdokumente. Dafür bedarf es einer engen Zusammenarbeit mit den Herstellern bereits in der Zulassungsphase sowie der Zulassungsbehörde PTB.
Wir sind überzeugt, dass ausschließlich eine professionell-sachorientierte Zusammenarbeit zu einer wertigen und aussagekräftigen Prüfbarkeit von amtlichen Messergebnissen führt und nur über diesen Weg die Zukunft gestaltet werden kann, in der nicht die Maschinen zu Bestrafungsmaschinen mit Sofortvollstreckung erhoben wurden.
Die entwickelten Mindestanforderungen an ein technisches Gutachten, sowie unsere Ergebnisse aus den Versuchen und Forschungen werden hier im Wiki veröffentlicht und sind daher für jeden frei zugänglich. Damit möchten wir unseren Beitrag für eine zukunftsweisende Fortentwicklung der Verkehrsmesstechnik und für ein transparentes Justizverfahren leisten.
Sachverständige fallen weder vom Himmel, noch existieren spezielle Berufsbilder.
Insofern versteht sich die Arbeitsguppe ebenfalls als Ausbildungs- und Starthilfe für den Nachwuchs oder den Quereinsteiger.
Sachverstand ist, besonders in der heutigen Zeit, vergänglich. Eine stete Fort- und Weiterbildung ist notwendig, weshalb wir derzeit zweimal im Jahr ein Symposium für Sachverständige und Hersteller organisieren.
Die Auseinandersetzung mit anderen und besonders mit abweichenden Meinungen ist auf den ersten Blick anstrengend und zeitraubend. Auf den zweiten Blick kehrt sich aber die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Meinungsbildern in eine unbezahlbare persönliche Entwicklung zum Vorteil des Niveaus der Begutachtung um.
Forensische Prüfverfahren und Analysemethoden existieren für unsere Profession leider in keinem App-Store. Diese müssen wir, neben der normalen Tätigkeit, selber entwickeln. Es ist natürlich leichter und schneller, wenn die Kräfte aus unterschiedlichen Büros dafür gebündelt werden bzw. Aufgaben verteilt werden können. Auch dafür bietet der Verein die erforderliche Plattform.
Der technische Fortschritt führt dazu, dass nicht nur die Gerätevielfalt zunimmt, sondern auch die Revisionszyklen der Geräte immer kürzer werden. Für eine gutachterliche Arbeit ist die Kenntnis der aktuellen Gerätetechnik auf der einen Seite, wie auch deren praktischer Einsatz auf der anderen Seite wesentlich. Geplante Testläufe sollen zumindest empirisch die Funktion, Fehlertoleranz und Zuverlässigkeit der Gerätschaften aufzeigen.
Dieser Zusammenschluss bietet die Hilfe zur Selbsthilfe, denn die Gutachten muss jeder Sachverständige schon persönlich erstatten. Die mögliche Rückversicherung mit Kollegen hebt aber deutlich die Qualität der Begutachtung und kann diese auf dem erforderlichen Stand von Wissenschaft und Forschung halten.
Wer aufhört, besser zu werden,
hat aufgehört, gut zu sein.
Im Rahmen der Entwicklung einer validen und sachgerechten Nachweismethode zur Messrichtigkeit einer Messung mit dem zugelassenen Gerät Leivtec XV3 sind unzulässige Messabweichungen in Abhängigkeit der Ausrichtung und des Standes der Technik am gemessenen Fahrzeug auffällig geworden.
Der Hersteller und die Zulassungsbehörde PTB wurden informiert, womit die notwenigen Detailanaylsen und Verbesserungen initiiert wurden.
31.03.2021
In der gerichtlichen Praxis wird nunmehr die Verwertbarkeit von amtlichen Messungen mit dem Messgerät Leivtec XV3 juristisch diskutiert. Die Sachverständigen werden zur Einschätzung des Zutreffens des sogenannten "Standardisierten Messverfahrens" gebeten.
Wir informieren hiermit, dass es sich bei diesem Begriff nicht um eine technische Frage, sodern vielmehr um eine juristisch-politische Würdigung zum Geräteeinsatz allgemein handelt. Insofern kann der technische Sachverständige einen solchen Sachverhalt nicht abschließend beurteilen. Wir bauen darauf, dass seitens der Justiz und auch der Politik die korrekten Schlüsse gezogen werden.
01.04.2021
Verweisend auf den angefügten Zwischenbericht der PTB konnten seitens der Zulassungsbehörde unzulässige Messwertabweichungen festgestellt werden, welche bei präparierten Testfahrzeugen, die über weitere Reflektoren im Fahrzeuginnenraum verfügten, aufgetreten sind.
Dies entspricht aus unserer Sicht im weitesten Sinne den erstmalig im Jahr 2018 getätigten Feststellungen der DEKRA Automobil GmbH, die in der Fachzeitschrift VKU im März 2021 abschließend veröffentlicht wurden.
Nicht nachzuvollziehen ist in der aktuellen Stellungnahme der PTB, dass ausschließlich Messwertabweichungen zu Gunsten der Betroffenen seitens der Zulassungsbehörde festgestellt worden sein sollen.
Seitens der hier tätigen Sachverständigen ist nach detailliertem Studium der Veröffentlichung aufgefallen, dass bei den Versuchsreihen der DEKRA das Messgerät Leivtec XV3 bei einer Aufstellung in Fahrtrichtung links Messwerte ausgegeben hat, welche sich klar zu Ungunsten der Betroffenen darstellen. Die offensichtliche Abhängigkeit der Messwertabweichungen von der Anlagenaufstellung hinsichtlich der ausgegebenen Geschwindigkeiten - ob nun zu Gunsten oder zu Ungunsten - wurde nach telefonischer Korrespondenz mit an den Versuchsreihen beteiligten Personen bestätigt. Es wurde somit klar kommuniziert, dass die Anlagenaufstellung einen erheblichen Einfluss auf die Messwertbildung besitzt, was auch in unseren Versuchsreihen bereits festgestellt wurde.
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist aus unserer Sicht davon auszugehen, dass die nunmehr zu verzeichnende Fehlerquelle in Form von zusätzlichen Reflektoren bereits bei Zulassung des Messgerätes oder zumindest ab Zulassung der Softwareversion 2.0 im Jahr 2014 bestand.
Insofern kann die ergänzte Gebrauchsanweisung (14.12.2020) die Fehlerwahrscheinlichkeit nicht ausreichend heilen. Zudem wird hier allgemein die Definition des "Standardisierten Messverfahrens" als juristischer Begriff als Folge eines "antizipierten Sachverständigengutachtens durch die Zulassungsbehörde auf Lebenszeit" anschaulich widerlegt.
Aus unserer Sicht sind juristische Forderungen nach Verallgemeinerungen für das Massenverfahren zwar nachvollziehbar, entsprechen jedoch keinesfalls der technischen Realität im Sinne der ständigen Weiterentwicklung der Fahrzeuge, der Infrastruktur und somit der möglichen messtechnisch wirksamen Störeinflüsse.
Die Zulassung eines Messgerätes nach Baumusterprüfung oder Konformitätsbewertung kann selbstredend nicht jede Art der Messkonstellation vorausschauend und abschließend berücksichtigen. Eine sachverständige Prüfmöglichkeit im berechtigten Einzelfall ist somit unerlässlich, was zwangsläufig die Forderung nach Beweismitteln, die forensisch-technische Validierungen des amtlichen Messwertes auf unabhängiger Art und Weise ermöglichen, bekräftigt.
Umfangreiche kalibrierte Messungen und deren statistische Auswertungen haben gezeigt, dass die in den Beweisdateien der Messanlage Leivtec XV3 gespeicherten Zeitstempel der Fotofertigung zur Berechnung einer Bildabstandszeit herangezogen werden können, um anhand der Doppelfotografie einen möglichst objektiven Geschwindigkeitswert zur technischen Bewertung des amtlichen Messwertes zu bestimmen.
Dabei sollte im Sachverständigengutachten eine Mindesttoleranz von ±0,01 s bzw. eine Größtfehlerabschätzung von ±0,02 s angesetzt und dargelegt werden.
Voraussetzung dafür ist, dass keine technischen Merkmale einer elektronischen Fehlfunktion der Messanlage für den Messzeitraum vorliegen und das konkrete Messgerät im Messzeitraum gültig geeicht und gesichert war.
Aufgrund der aktuellen Sachlage zur Geschwindigkeitsmessanlage Leivtec XV3 und der damit einhergehenden Bitte des Geräteherstellers, dass die Betreiber mit dieser Anlage derzeit Abstand von amtlichen Messungen nehmen sollen, könnten vermehrt ältere RADAR-Anlagen zum Einsatz kommen, welche einen aufmerksamen Messbetrieb erfordern.
Fahrversuche haben gezeigt, dass es zu Fehlzuordnungen kommen kann, sofern eine Beobachtung des Fahrverkehrs an einer Messstelle im Rahmen eines aufmerksamen Messbetriebes nicht gewährleistet ist.
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